Wie jedes Jahr bereitete Maria die Osternestchen für ihre Kinder und auch ihre Enkelkinder vor. Mit viel Liebe und süßen Leckereien bestückte sie jedes einzelne. Lisa bekam einen großen Schokohasen mit Haselnüssen und neue Wachsmalstifte für ihre wundervollen Zeichnungen, in Michaels Nest fand man einen Hasen aus weißer Schokolade und ein neues Lesebuch mit vielen spannenden Geschichten. Marias Töchter Luise und Tanja bekamen seit Jahren jeweils ein selbstgebackenes Osterlamm und einen frischen Blumenstrauß aus Mamas Garten. Mit Ostergras, selbstgefärbten Ostereiern und einer selbstgeschriebenen Karte wurden die Nester liebevoll verziert. Zufrieden schaute Maria auf ihre Arbeit und stellte sich die glücklichen Gesichter ihrer Kinder vor, wenn sie ihr Nestchen bekommen würden. Unweigerlich musste sie an das Ostern ihrer Kindheit denken. Auch wenn es längst nicht so viele Leckereien und Geschenke gegeben hatte, hatte sie doch viele glückliche Erinnerungen an die Osterfeste, als sie noch klein war.

Zusammen mit ihrer Mutter sammelte sie kurz vor dem Palmsonntag einen Strauß Palmkätzchen und verzierte diesen dann mit bunten Bändern und den köstlichen Palmbrezen, von denen sie zu gerne bereits vor der Kirchenmesse genascht hätte. Am Palmsonntag zog sie sich ihr schönstes Kleidchen an und spazierte mit ihrer ganzen Familie und dem großen „Palmbuschen“ zur Kirche. Dort wurde er geweiht und die Palmbrezen durften dann anschließend endlich genüsslich verzehrt werden. Der schöne Strauß aus Palmkätzchen wurde dann zu Hause in einer großen verzierten Vase auf dem Esstisch platziert. Der Höhepunkt aber war jedes Jahr die Jause am Ostersonntag mit Oma und Opa, Tanten und Onkeln und allen Kindern. Dort wurde das geweihte Essen wunderschön auf dem Tisch platziert und Maria schlemmte den halben Vormittag lang, bis sie anschließend mit ihren Cousinen und Cousins im Garten herumtollen durfte, bis es dunkel wurde.

Plötzlich wurde sie aus ihren Erinnerungen zurück in die Gegenwart gerufen, als es am Küchenfenster vor ihr klopfte. Dort stand ihr Mann Georg, lächelte sie an und deutete ihr, sie solle nach draußen kommen. Als Maria ihren Garten betrat, wurde sie nicht nur wie gewohnt von den schönen Blumen begrüßt, sondern auch von vielen bunten, kleinen Ostereiern und Bändern, die von den Büschen und Bäumen hingen. Es war wunderschön. Im ersten Augenblick dachte Maria, Georg hätte ihr diese Freude gemacht und wollte ihm schon um den Hals fallen, als er ihr einen kleinen Zettel entgegenstreckte. „Den habe ich in unserem Postkasten gefunden, du solltest ihn lesen.“ Maria legte Georg trotzdem den Arm um die Hüfte und schaute auf den kleinen, gefalteten Zettel. Dort erkannte sie die Handschrift ihrer Tochter Tanja sofort. Fein säuberlich stand darauf geschrieben:

Liebe Mama, liebe Oma, dieses Jahr wollten dir deine Kinder einmal danke sagen, dass du unser Osterfest immer zu etwas Besonderem machst. Wir wissen, wie sehr du bunte Farben liebst, genauso lieben wir dich auch. Liebe Grüße von deinen Töchtern und allen Enkelkindern.